Zwischen Himmel und Erde
Ludwig Maria Vongries positioniert seine Skulpturen „zwischen Himmel und Erde“. Bodenständig und erdverbunden eröffnen sie den Blick nach oben. Holz und oxidierter Stahl unterstreichen die Veränderlichkeit, der hier und da ein goldglänzender Schimmer Dauerhaftigkeit verheißt.
Kunst ist das Gestaltwerden innerer Bilder und Klänge, sichtbarer, berührbarer Bericht von innerer Wahrnehmung, von einer inneren Reise. Was hat den Künstler beim Entwerfen und während seiner „Knochenarbeit“ bewegt? Er stellt seine Skulpturen vor, tritt dahinter zurück und schweigt dazu. Das Werk soll uns ansprechen und anschweigen. Von dem, was wir betrachten, auf uns wirken lassen, können wir uns in eigene Vorstellungs- und Gedankengefilde führen lassen, im besten Sinne des Wortes auch ver-führen lassen, um den Geist zu erspüren. Jedes Kunstwerk bedeutet ein Übersteigen, erst das macht es zur Kunst. Es kann Botschaften aus dem tiefen Grund der Seele ans Tageslicht aufsteigen lassen. Im Schöpferisch-Werden findet etwas bislang Ungestaltetes in uns zu einer intuitiven Erkenntnis, vielleicht auch ins Wort.
Gedanken benötigen oft Zeit, bis sie Gestalt annehmen. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass die Skulpturen von Ludwig Maria Vongries an diesem Ort ein Jahr lang, durch alle Jahreszeiten hindurch zu betrachten sind.
Diese nachdenkliche Kunst passt gut zu der Abtei Gerleve, die sich als Ort des Nachdenkens und der Suche versteht. Viele Besucher kommen hierher, um in der Stille des Klosters ein paar Stunden, vielleicht aber auch mehrere Tage zu verbringen.
Die Ausstellung „Zwischen Himmel und Erde“ wird gewiss erfahrene Kunstkenner ebenso wie aufmerksame Beobachter anregen, sich selbst Gedanken zu machen und im eigenen Leben den Ort zu entdecken, an dem sich Veränderliches und Bleibendes begegnen.
Laurentius Schlieker
Abt von Gerleve